Kundenzentrierung statt Silodenken
Kundenzentrierung ist wichtig, darüber herrscht heute weitgehend Einigkeit. Versuche, Customer Experience (CX) Management fest in der Organisation zu verankern, bleiben aber anspruchsvoll. Woran das liegt und was man dagegen tun kann, erfahren Sie in meinem Gastbeitrag.
Viele Unternehmen erleben eine strukturelle Krise. Die Lösung: Eine strukturelle Antwort statt Einzelmassnahmen. Neben der vertikalen Organisation braucht es eine horizontale, prozessorientierte Sichtweise, mit Fokus auf das Kundenerlebnis und die Interaktionen zwischen Kunden und Unternehmen.
Das Wichtigste in Kürze
- CX muss in der Strategie und den Zielsystemen eines Unternehmens verankert sein, alle Mitarbeitenden umfassen und Teil der Führungskräfteentwicklung werden.
- Kundenerwartungen sind dynamisch und fluid – daher braucht es kontinuierliche CX-Analyse und Erkenntnisgewinnung.
- Viele Unternehmen haben ihre Standardtransaktionen nicht im Griff. Dabei findet das Kundenerlebnis meistens in den Kernprozessen statt.
Der Glaubwürdigkeits-Gap
Customer Experience bedeutet vor allem, die perfekte Balance zwischen Produkt- und Kundenzentrierung zu finden. Doch die Glaubwürdigkeitslücke ist oft grösser als gedacht. Unternehmen sind der Meinung, dass sie ihre Kunden kennen. Die Kundinnen andererseits haben das Gefühl, dass Unternehmen sie nicht verstehen. Durch die dynamische Customer Journey wissen viele Unternehmen nicht einmal, auf welchem Weg die Kunden zu finden sind.
Genau hier setzt CX-Management an, denn zwischen Fremd- und Selbstbild liegt die Zukunft der Kundenzentrierung. Es hilft dabei, die Komplexität all dieser Touchpoints, Customer Journeys und Geschäftsprozesse besser zu verstehen.
«Customer Experience ist eine Arbeit an der Kultur und nicht nur ein Tool, das von heute auf morgen eingeführt wird. Das muss allen bewusst sein und sollte dementsprechend kommunikativ begleitet werden. Es ist ein Change-Prozess.»
Cyrill Luchsinger, Berater, Blogger und Referent für Kundenzentrierung
Top-Down-Ansatz statt Silodenken
Das weitverbreitete Silodenken in Unternehmen ist einer der Hauptgründe dafür, wieso Unternehmen ihre Kundinnen nicht wirklich verstehen. Gearbeitet und gedacht wird in verschiedenen Abteilungen, sei es Marketing, Verkauf, Customer Service oder Logistik. Das aber interessiert die Kunden nicht. Sie wünschen sich einfache, schnelle und zuverlässige Dienstleistungen. Unternehmen müssen also die Kundenperspektive einnehmen, sprich einen Top-Down-Ansatz implementieren. Es geht also um die Etablierung eines kundenzentrierten Mindsets – und zwar bereichsübergreifend. Nur, wenn interdisziplinäre Teams Teil der Produktentwicklung sind, kann der so weit verbreiteten Silobildung entgegengewirkt werden.
In vier Schritten zur mehr Kundenzentrierung
1. Gemeinsames Kundenverständnis aufbauen
Jede Abteilung mit direktem oder indirektem Kundenkontakt sollte ihre Erkenntnisse einbringen können, damit ein realitätsnahes Bild der Kunden erstellt werden kann.
2. Bereichsübergreifende Kundenzentrierung entwickeln
Die Projektgremien werden von CX-Fachleuten unterstützt, die Methoden einbringen, den Entwicklungsprozess führen und cross-funktionale Diskussionen moderieren.
3. Rollen und Verantwortlichkeiten definieren
Aus dem gemeinsam entwickelten Verständnis für Kundenerlebnis und Leistungsversprechen werden Gestaltungsmassnahmen und Verantwortlichkeiten abgeleitet.
4. Verantwortung übergeben und Mitarbeitende befähigen
Neben dem Kundenverständnis und dem definierten Kundenerlebnis braucht es eine Befähigung der Mitarbeitenden, Kundenzentrierung in ihrer täglichen Arbeit zu leben. Diese unternehmensinterne Zusammenarbeit ist der Schlüssel zur Lösung komplexer Probleme – und gleichzeitig die grösste Herausforderung.
Auch wenn die Umsetzung bei allen liegt: Angestossen werden muss CX-Management auf oberster Ebene. Es muss von der Führungsebene vorgelebt, in Ziele für die Mitarbeitenden übersetzt und in der Kultur des jeweiligen Unternehmens verankert werden. Eine nachhaltige Veränderung des Unternehmens findet nur dann statt, wenn sich im Kern das Denken und Handeln jeder und jedes einzelnen Mitarbeitenden verändert.
Über den Autor
Cyrill Luchsinger ist Berater, Blogger und Referent für Kundenzentrierung. Durch Konzeptberatung, Workshops und Projektbegleitung hilft er Unternehmen, die Kundensicht einzunehmen. So ist er auch für die Schweizerische Post im Rahmen des Transformationsprojekts «Post von Morgen» tätig. Er gilt in der deutschsprachigen CX Business Community als CX Influencer und CX Thought Leader.
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